Kurkuma scheint auf zahllose Erkrankungen positiven Einfluss zu nehmen. Ob Herzkreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Gelenk- oder Darmprobleme, Kurkuma lindert die Symptome. Dieses breite Wirkstoffspektrum erscheint auf den ersten Blick eigentlich zu gut, um wahr zu sein. Doch wenn man sich etwas näher mit der Wirkung der Kurkuma befasst, stellt man fest, dass viele der genannten Krankheiten Mechanismen teilen. Durch Beeinflussung dieser zentralen Faktoren, lässt sich das breite Wirkspektrum von Kurkuma und Curcumin erklären.
Was Kurkuma als Heilpflanze ausmacht
Kurkuma ist weit verbreitet als Gewürz und Heilpflanze mit der typischen, intensiv-gelben Färbung. Dafür sind die sogenannten Curcuminoide verantwortlich. Diese schwer wasserlöslichen Farbstoffe machen etwa ein bis fünf Prozent der Wurzel aus (1). Sie sind auch verantwortlich für den gesundheitlichen Nutzen der Kurkuma. Neben dem Hauptbestandteil Curcumin (Curcumin I) sind noch mindesten drei weitere Curcuminoide in Kurkuma zu finden: Typischerweise setzen sich die Curcuminoide aus 77% Curcumin, 17% Demethoxycurcumin und 3% Bisdemethoxycurcumin zusammen (1,2).
Curcumin ist die wichtigste bioaktive Substanz der Kurkuma. Es führt jedoch in vielen Untersuchungen leider zu falsch-positiven Ergebnissen. Solche Studien müssen daher immer kritisch hinterfragt werden (23). Nichtsdestotrotz gibt es genug Studien am Menschen, die den positiven Nutzen der Kurkuma bestätigen. Dabei wird ein Großteil der Ergebnisse auf drei zentrale Wirkmechanismen von Curcumin zurückgeführt (3).
Kurkuma und Entzündungen
Entzündungen sind eine Schutzfunktion des Körpers. Sie dienen dazu auf schädliche Reize zu reagieren (4). Durch Botenstoffe werden typische Entzündungszeichen ausgelöst. Dazu gehören Rötungen, Schwellungen, Überwärmungen und Schmerz (4). Die Blutgefäße werden erweitert und für die Genesung wichtige Komponenten schneller bereitgestellt. Eine akute Entzündung ist von kurzer Dauer (4). Nicht alle schädigende Stoffe oder Umstände werden durch die Immunreaktionen beseitigt. Dadurch entstehen langfristige, chronische Entzündungen. Diese stellen eine Gefahr für den Betroffenen dar. Die Immunantwort setzt am Entzündungsherd Substanzen frei, die ursprünglich der Heilung dienen (4). Einige Zytokine fördern die Zellteilung (5). Immunzellen setzen Sauerstoffradikale frei, die Krankheitserreger töten, oder Fremdstoffe verstoffwechseln sollen (6). Bei einer chronischen Entzündung wird durch die Dauer auch umliegendes Gewebe geschädigt. Sauerstoffradikale greifen die DNA an, was die Entstehung von Krebs fördert (7).
Ein Schlüsselelement in diesem Prozess ist der nukleäre Faktor κB (NFκB). Er ist für die Immunantwort von großer Bedeutung. Die Zellteilung, Zellwachstum und der Zelltod werden von NFκB mit gesteuert. Er wird durch die Detektion von Mikroben, Gewebeschäden oder auch inflammatorische Zytokine aktiviert (7). Die Aktivierung des Faktors sorgt für die Produktion vieler Entzündungsmoleküle (2). Es fördert auch das Überleben von Tumoren, indem Gene aktiviert werden, die den programmierten Zelltod verhindern (7).
Curcumin ist in der Lage NFκB zu hemmen (8). Damit verringert Curcumin die Bildung und Weiterentwicklung von akuten und chronischen Entzündungen. Meta-Analysen ergaben eine klare Senkung von verschiedenen Entzündungsmarkern in Patienten mit chronischen Entzündungen (9,10). Derselbe Mechanismus wird mit verbesserten Blutwerten von Cholesterin und Blutzucker durch Curcumin in Verbindung gebracht (11). Bei Patienten mit nicht alkoholischer Fettlebererkrankungen, Diabetes Typ 2 und Fettstoffwechselstörungen gibt es entsprechend ebenfalls positive Meta-Analysen (11-13).
Kurkuma und oxidativer Stress
Oxidativer Stress spielt bei vielen chronischen Erkrankungen eine wichtige Rolle (14). Oxidativer Stress ist ein Zustand im Stoffwechsel, bei dem durch Oxidation Schäden an Zellen entstehen. Ausgelöst wird der oxidative Stress durch ein Ungleichgewicht zwischen oxidativen und antioxidativen Prozessen (15). Dadurch kommt es zu einem verstärkten Aufkommen sogenannter freier Radikaler. Diese Sauerstoff-Moleküle reagieren besonders leicht mit anderen Strukturen und schädigen diese. Das Immunsystem setzt diese Moleküle als Waffe gegen Krankheitserreger ein (16). Bei einer chronischen Entzündung wird dies jedoch zum Problem: Da der Auslöser nicht beseitigt wird, werden immer mehr reaktive Sauerstoffspezies und entzündungsfördernde Substanzen freigesetzt (3). Dadurch wird auch gesundes Gewebe angegriffen und die Entzündung vergrößert sich. Ein gefährlicher Kreislauf entsteht (3).
Lange Zeit wurden die reaktiven Sauerstoffspezies allgemein als negativ betrachtet. Dabei wurde die Schutzfunktion durch freie Radikale jedoch oftmals übersehen. Antioxidantien schienen immer die beste Lösung zu sein. Bei Zufuhr großer Mengen von Antioxidantien kann es jedoch zu negativen Folgen kommen: So steigerte die Einnahme großer Mengen von synthetischem Vitamin A bei Rauchern das Lungenkrebs-Risiko (17).
Curcumin wirkt zwar ebenfalls als klassisches Antioxidans, es aktiviert jedoch auch das zentrale Molekül Nrf2. Dieses steuert mehr als 1000 Gene und moduliert unter anderem die Bildung körpereigener antioxidativer Enzyme (18,2). Damit unterscheidet sich Curcumin grundsätzlich von den direkten und potentiell problematischen Antioxidantien: Indem es primär die körpereigene antioxidative Abwehr steigert, erlaubt es dem Körper, oxidativen Stress zu modulieren und nicht blind zu unterdrücken.
Kurkuma und Mikroorganismen
Curcumin gilt außerdem als starkes Mittel gegen Bakterien, Pilze und Viren (19). Besonders interessant ist die Fähigkeit von Curcumin bakterielle Biofilme zu verhindern (19,20). Mit Biofilmen können sich Bakterienkolonien sehr gut gegen Antibiotika schützen (21). Die Kommunikation zwischen einigen Bakterien wird ebenfalls durch Curcumin gestört. Dieselben chemischen Signale der Kommunikation verwenden einige Bakterien auch zur Entfaltung ihrer krankmachenden Wirkung (20). Des Weiteren soll Curcumin Reparaturwerkzeuge einiger Bakterien lahmlegen, sodass Zellschäden nicht mehr ausgebessert werden. In der Folge stirbt das Bakterium (20). Curcumin ist in der Lage die Struktur der bakteriellen Membran zu schwächen. Je nach Bakterium wird sie unterschiedlich stark geschwächt. Diese Schwächung führt zum Tod des Bakteriums, oder erhöht die Empfindlichkeit gegenüber manchen Antibiotika (20).
Curcumin bekämpft jedoch nicht nur Krankheitserreger. Im Darm fördert es das Wachstum gesunder Bakterien und stärkt das dortige Mikrobiom. Das Gleichgewicht des Mikrobioms wird heute mit einer Vielzahl von Krankheiten in Verbindung gebracht (22). Indem Curcumin das Wachstum gesunder Bakterien fördert und krankmachender hemmt, nimmt es auch hier Einfluss auf Erkrankungen im restlichen Körper.
Fazit
Curcumin wirkt nachweislich auf mehrere zentrale Mechanismen des Körpers. Die Auswirkung auf den Nrf2- Faktor und den nukleären Faktor κB sind nicht nur in Zellkulturen belegt, sondern auch in mehreren Studien an Patienten. Dadurch, dass Curcumin vielfältig und an zentralen Stellen wirkt, ist es für die Forschung sehr interessant. Die eher modulierende Wirkung könnte auch die Erklärung für das geringe Nebenwirkungsprofil von Curcumin sein: Indem es in überschaubarem Maße, dafür aber an mehreren zentralen Stellen wirkt, bleibt eine “klassisch” unterdrückende Wirkung, wie bei Medikamenten aus (23). Zukünftige Studien werden zeigen, wie sich Curcumin am besten in die Therapie von Krankheiten integrieren lässt.
Quellenverzeichnis
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