Kurkuma, beziehungsweise der Hauptwirkstoff Curcumin haben in den letzten Jahren zunehmend wissenschaftliches Interesse geweckt. In der ayurvedischen Medizin seit Jahrhunderten etabliert, konnten mittlerweile zahlreiche Studien die Wirksamkeit von Curcumin bei verschiedensten Erkrankungen nachweisen. Dabei ergab sich jedoch immer wieder ein grundlegendes Problem bei der Verabreichung von Curcumin: seine Bioverfügbarkeit. Inzwischen haben sich im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel zahlreiche Produkte etabliert. Vor allem zwei Methoden zur Steigerung der Verwertbarkeit haben sich dabei etabliert: Die Kombination mit Piperin, sowie das Mizell-Kurkuma. Diese beiden gängigsten Methoden einmal direkt verglichen werden.
Bioverfügbarkeit von Kurkuma
Als Bioverfügbarkeit bezeichnet man vereinfacht ausgedrückt, wie viel eines über die Nahrung zugeführten Stoffes tatsächlich in der Blutbahn ankommt. Diese Aufnahmerate wird von zwei Prozessen bestimmt, die beeinflusst werden können, um die Bioverfügbarkeit zu steigern.
Zunächst muss ein Stoff im Darm über die Schleimhaut aufgenommen werden. Dabei spielt vor allem die Wasserlöslichkeit eine Rolle. Wasserlösliche, hydrophile Stoffe können in der Regel relativ einfach absorbiert werden. Fettlösliche, lipophile Stoffe müssen hingegen einen komplexeren Prozess durchlaufen. Nahrungsfette, sowie fettlösliche Vitamine lagern sich dabei im Darm zu sogenannten Mizellen zusammen. Dabei entsteht ein kugeliges Gebilde, bei dem sich wasserlösliche Bestandteile nach außen ausrichten, während die fettlöslichen Bestandteile im Inneren eingeschlossen sind. Dieser Komplex kann nun mit der Zellmembran der Darmschleimhautzellen fusionieren, da diese ähnlich aufgebaut ist [10].
Ist ein Stoff aus dem Darminnenraum aufgenommen worden, wird er in kleine Blutgefäße abgegeben, die zunächst alle zur Leber führen. In der Leber werden dann Fremd- und Giftstoffe herausgefiltert und wieder ausgeschieden, bevor das nährstoffreiche Blut in den Hauptblutkreislauf eingespeist wird. An diesem Fremdstoffmetabolismus, auch First-Pass-Effekt genannt, sind unter anderem sogenannte Cytochrom-P450-Enzyme (CYP) beteiligt.
Die Bioverfügbarkeit von Curcumin wird wahrscheinlich durch beide Prozesse eingeschränkt. Zum einen wird es als fettlöslicher Stoff nur schwer über die Darmschleimhaut aufgenommen. Zum anderen wird es von der Leber als Fremdstoff herausgefiltert [10].
Piperin und die Bioverfügbarkeit
Piperin ist ein natürliches Alkaloid und verantwortlich für die Schärfe und den Geschmack von schwarzem Pfeffer. Bei der Aufnahme über die Nahrung fördert es ähnlich wie andere Scharfstoffe die Sekretion von Speichel und Verdauungssäften und regt den Stoffwechsel an. Außerdem wird ihm eine antimikrobielle Wirkung nachgesagt.
Viel interessanter ist jedoch, dass Piperin in der Lage sein soll, die Bioverfügbarkeit anderer Substanzen zu steigern. So konnte bereits 1985 dokumentiert werden, dass dieser Stoff die Aktivität verschiedener CYP-Enzyme unspezifisch reduziert und somit den First-Pass-Effekt reduziert [1]. Auch andere am Fremdstoffmetabolismus beteiligte Enzyme konnten mit Piperin erfolgreich gehemmt werden [2]. Eine weitere Studie kam außerdem zu dem Ergebnis, dass Piperin die die „Durchlässigkeit“ der Zellen der Darmschleimhaut reduziert. Dadurch kann ebenfalls die Aufnahme anderer Stoffe erhöht werden [3].
Aufgrund dieser Ergebnisse wurden verschiedene Studien durchgeführt, die den Einfluss von Piperin auf die Bioverfügbarkeit von Medikamenten untersuchten. Dabei kam unter anderem heraus, dass Piperin die Bioverfügbarkeit von Ibuprofen [4], eines Betablockers [5] sowie eines Antiepileptikums steigert [9].
Angesichts der vielversprechenden Ergebnisse versuchte man 1998 auch die geringe Bioverfügbarkeit von Curcumin mit Hilfe von Piperin zu steigern. Dabei wurde festgestellt, dass die Bioverfügbarkeit des Curcumins um 2000%, beziehungsweise das 20-fache gesteigert werden konnte [6]. Es sollte erwähnt werden, dass dieser Zusammenhang häufig falsch wiedergegeben wird: Häufig ist von einer Steigerung der Bioverfügbarkeit um das 2000-fache die Rede. Ein einfacher Zahlendreher.
Im Zusammenhang mit Piperin sollte nicht unerwähnt bleiben, dass es auch widersprüchliche Ergebnisse gibt. 2013 wurde eine Studie veröffentlicht, in der man feststellte, dass Piperin im Gegenteil die Bildung von CYP-Enzymen steigert, was vorangegangene Ergebnisse in Frage stellt [7].
Curcumin und Mizellen
Neben Curcumin-Piperin-Kombinationen hat sich in den letzten Jahren vor allem das Mizell-Kurkuma etabliert. Mizellen sind wie bereits eingangs erwähnt kleine Komplexe aus lipophilen Partikeln, die sich im Darm formieren. Indem man Curcumin in Form solcher Mizellen „verpackt“, kann man diesen natürlichen Vorgang imitieren. Diese Methode greift also im Gegensatz zur Darreichung mit Piperin nicht in Stoffwechselvorgänge der Leber ein.
„Die effektivste Art und Weise, die Aufnahme von Curcumin zu gewährleisten, ist derzeit ein Mizell-Curcuma.“
2014 wurde erstmals eine Studie veröffentlicht, in der die Bioverfügbarkeit von Mizell-Kurkuma untersucht wurde. Dabei kam man zu dem erstaunlichen Ergebnis, dass Mizellen die Bioverfügbarkeit von Curcumin um das 185-fache steigern kann [8]. Das entspräche, wenn man so will, einem 9-fach höheren Potential verglichen mit Piperin. Somit wäre es möglich mit relativ geringen Mengen an Curcumin therapeutisch relevante Konzentrationen im Blut zu erzielen.
Eine weiterführende Studie beschäftigte sich dann mit den Folgen einer längeren Einnahme von mizellarem Curcumin. Hierbei konnte man zeigen, dass sogar mehrere Stunden nach der letzten Einnahme noch relevante Mengen an Curcumin im Blut zu finden waren. Die Interpretation: Dank der verbesserten Bioverfügbarkeit reichert sich das Curcumin im Blut an und kann dadurch auch bei weniger häufiger Einnahme wirken [11].
Piperin oder Mizellen?
Anhand der Zahlen scheint es klar auf der Hand zu liegen, dass Mizell-Kurkuma die bessere Wahl darstellt. Trotzdem kann man sich die Frage stellen, ob nicht ein Präparat mit schwarzem Pfeffer vielleicht die bessere Option wäre. Schließlich könnte man auch eine höhere Dosis nehmen. Mizell-Präparate sind in der Regel etwas teurer und nicht zuletzt werden Piperin selbst durchaus auch gesundheitliche Wirkungen nachgesagt.
Der entscheidende Aspekt ist die Art und Weise, wie die beiden Darreichungen die Bioverfügbarkeit beeinflussen. Piperin beeinflusst Enzyme, die auch für die Verstoffwechselung von Fremdstoffen und Medikamenten verantwortlich sind. Man kann nur sehr schwer kalkulieren, inwieweit schwarzer Pfeffer nicht auch die Aufnahme potentiell schädlicher Substanzen steigert. Außerdem könnte dieser Bioenhancer bei der regelmäßigen Einnahme von Medikamenten deren Wirkung beeinflussen. Bislang sind nur die Interaktion mit einigen wenigen Wirkstoffen untersucht worden. Es ist zu erwarten, dass Piperin auf viele weitere Einfluss nimmt. Auch der Einfluss auf die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut könnte potentiell schädlich sein.
Bei Mizell-Kurkuma wird hingegen ausschließlich die Bioverfügbarkeit des Curcumins beeinflusst, ohne in den Stoffwechsel einzugreifen. Insofern ist die Wahrscheinlichkeit für eventuelle Interaktionen und Nebenwirkungen sehr gering.
Hinzu kommt, dass die Mizelle und Piperin, zusammen mit anderen Formulierungen mittlerweile auch direkt in einer Studie miteinander verglichen wurden. Das Ergebnis lässt wenig Interpretationsspielraum: Unter allen getesteten Präparaten zeigte das mizellare Curcumin die mit großem Abstand höchste Steigerung der Bioverfügbarkeit. Piperin blieb weit hinter diesem Ergebnis zurück – tatsächlich führte es zu überhaupt keiner Steigerung der Bioverfügbarkeit! Diese Erkenntnis führte dazu, dass die Autoren der Studie sogar noch einmal explizit die grundsätzliche Kombination von Curcumin mit Piperin in Frage stellten [12].
Fazit: Mizell-Kurkuma klar überlegen
Auch wenn die Kombination Curcumin mit Piperin plausibel klingt, ist die Studienlage im Grunde eindeutig: Die Mizelle ist nicht nur effektiver, sondern auch sicherer. Der Einfluss von Piperin auf die Bioverfügbarkeit von Curcumin ist bestenfalls fragwürdig und basiert auf einer Studie von vor über 20 Jahren. Tatsächlich ist der potentiell gefährliche Einfluss von Piperin auf den Wirkspiegel zahlreicher Medikamente deutlich besser belegt.
Die verbesserte Bioverfügbarkeit durch eine mizellare Formulierung wurde hingegen wiederholt gezeigt. Indem nur die Eigenschaften des Curcumins selber verändert werden, besteht kein größeres Interaktionsrisiko. Das macht Mizell-Curcumin zur unangefochtenen, ersten Wahl, wenn es um die therapeutische Anwendung von Kurkuma geht.
Video zur Wirkung von Kurkuma
Quellenverzeichnis
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