Schon lange wird Kurkuma in der traditionellen Medizin Südostasiens verwendet. Häufig findet Kurkuma dort als entzündungshemmendes und schmerzlinderndes Mittel Anwendung. Diese Wirkung ist mittlerweile durch Studien sehr gut belegt. Auch bei Alzheimer gelten entzündliche Prozesse mit als Ursache für deren Entstehung. Aber was genau ist Alzheimer und kann Kurkuma hier wirklich helfen?
Was ist Alzheimer?
Alzheimer ist die Bezeichnung für die häufigste Form von Demenz. Während Demenz eher eine allgemeine Syndrom-Beschreibung ist, hat Alzheimer klar definierte Merkmale (1). Mindestens 60% der Demenzfälle gehen auf Alzheimer zurück (2). In Deutschland wird bis 2050 ein Anstieg der Demenzpatienten von zurzeit 1,7 Millionen auf 2,8 Millionen erwartet (3). Die Erkrankung betrifft fast ausschließlich die ältere Bevölkerung. Bisher sind die genauen Mechanismen zur Entstehung noch nicht aufgeklärt (4). In den letzten Jahrzehnten wurden viele Studien zu Teilursachen und Risikofaktoren veröffentlicht. Mittlerweile geht man davon aus, dass zahlreiche Faktoren gemeinsam zu der Erkrankung führen.
Auch wenn die Ursachen unklar sind, gibt es zumindest einige Veränderungen, die Alzheimer klar charakterisieren. Im Gehirn von Alzheimerpatienten entwickeln sich im Laufe der Erkrankung bestimmte Ablagerungen innerhalb und außerhalb von Gehirnzellen. Diese Ablagerungen werden als beta-amyloide Plaques und Tau-Fibrillen bezeichnet (1).
Beta-Amyloide Plaques
Die Beta-amyloiden Plaques entstehen als Spaltprodukte des Proteins APP. Dieses sitzt in der Membran von Nervenzellen und wird außerhalb der Zellen auf unterschiedlichen Längen geschnitten (1). Aus einem fehlerhaften Schneidmechanismen geht das ß-Amyloid hervor (1). Indem sich fehlgefaltete ß-Amyloide zusammenlagern, bilden sie sogenannte beta-Amyloide Plaques im Gehirn von Alzheimerpatienten (1,5).
Auch im gesunden Menschen wird in gewissem Maße ß-Amyloid im Gehirn produziert (6). Es erfüllt einige wichtige Funktionen im Gehirn (5). So hat es eine zentrale Funktion bei der Informationsverarbeitung (1,5). Außerdem weist es antimikrobielle Eigenschaften auf, um Infektionen im Gehirn zu bekämpfen (5). Auch Lecks in der Blut-Hirn-Schranke werden mit Hilfe des ß-Amyloids geschlossen (5).
Zu Plaques angehäuft kann das ß-Amyloid seine Funktionen aber nicht mehr richtig ausüben und wirkt neurotoxisch (5). Die Nervenzellen im Gehirn werden angegriffen und zerstört. Daher gilt Alzheimer als nicht reversibel (7). Wie die Toxizität genau zustande kommt, ist noch nicht vollends nachgewiesen.
Tau-Protein
Bei der Entstehung von Alzheimer spielt außerdem das sogenannte Tau-Protein eine entscheidende Rolle (1). Das Tau-Protein wird bei Alzheimer chemisch verändert (1). Dadurch verliert es seine Funktion und lagert sich innerhalb der Zellen in Form von Fibrillen ab (1). Im gesunden Körper dienen Tau-Proteine zur Stabilisierung der Mikrotubuli in Nervenzellen (1). Die Mikrotubuli bilden das Gerüst von Zellen und sind essenziell für die Stabilität und den Stofftransport (1). Die Nervenzellen mit veränderten Tau-Proteinen verlieren Ihre Form und Funktion. Das führt zum Absterben dieser Zellen (8,9).
Weitere Einflussfaktoren
Neben der Ablagerung von Proteinen nehmen zahlreiche weitere Faktoren wahrscheinlich ebenfalls Einfluss auf die Entstehung von Alzheimer. So gibt es genetische Risikofaktoren, die die Entwicklung von Alzheimer fördern. Eine Unterfunktion der Ausschwemmung von Abfallstoffen aus dem zentralen Nervensystem durch das Glymphatische System nimmt womöglich eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Alzheimer ein (6). Auch bestimmte Infektionen mit Erregern scheinen im Zusammenhang mit Alzheimer zu stehen (10). Entzündungsprozesse und oxidativer Stress gehen mit einem höheren Alzheimerrisiko einher (11). Und durch die sogenannte Darm-Hirn-Achse wird beginnender Alzheimer sogar mit dem Darm und der Darmflora in Verbindung gebracht (12). Typische Risikofaktoren stellen auch Schädel-Hirn-Traumata, Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes und hohe LDL-Cholesterinwerte, sowie Erkrankungen des kardiovaskulären Systems wie Schlaganfälle und Bluthochdruck dar (13-18). Auch Umweltfaktoren wie die Feinstaubbelastung und Belastung durch Metalle spielen eine wichtige Rolle (19).
Kurkuma und Alzheimer
Der Verzehr von Kurkuma könnte nun das Alzheimer-Risiko senken. Je mehr Kurkuma verzehrt wird, desto seltener scheint Alzheimer aufzutreten. Besonders eindrücklich ist der Vergleich zwischen Ländern mit hohem und niedrigem Konsum von Kurkuma. So ist der Anteil an Alzheimererkrankten in den USA bei 70- bis 79-Jährigen 4,4 mal so hoch wie in Indien (20). Dabei waren die Unterschiede eindeutig nicht auf die Genetik rückführbar (20). Auch die kognitiven Fähigkeiten bei älteren Menschen zwischen 60 und 93 Jahren waren mit höherem Konsum an Kurkuma signifikant besser als bei gleichaltrigen mit geringem Konsum an Kurkuma (21). Diese Beobachtungen sind zwar nicht beweisend, deuten jedoch auf eine protektive Wirkung von Kurkuma hin.
Kurkuma wirkt entzündungshemmend
Ein zentraler Mechanismus, über den Kurkuma gegen Alzheimer wirken könnte, sind chronische Entzündungsprozesse. Bei Alzheimer sind die Konzentrationen entzündungsfördernder Proteine wie Cyclooxygenasen und Phospholipasen erhöht (24,25). Durch sie wird auch die Bildung von Fibrillen gefördert (24,25). Der gelbe Farbstoff Curcumin aus Kurkuma ist ein effektiver Hemmer für Cyclooxygenasen und Phospholipasen (24,26). Außerdem reduziert es die Aktivität von entzündungsfördernden Zytokinen und dem Tumornekrosefaktor-alpha (27).
Kurkuma reduziert Ablagerungen im Gehirn
Curcumin könnte darüber hinaus aber auch direkt auf die pathologischen Veränderungen im Gehirn wirken. Es verhindert nicht nur die Neubildung der Plaques und Fibrillen, es fördert auch deren Zersetzung (23,28). Curcumin lagert sich an die Plaques an und verhindert eine weitere Aggregation (23). Die Makrophagen, auch Riesenfresszellen genannt, zeigen eine verbesserte Aufnahme von ß-Amyloiden durch Curcumin (28). Dadurch werden die ß-Amyloide besser verdaut und somit entfernt (29).
Kurkuma wirkt antioxidativ
Curcumin wirkt einerseits als klassisches Antioxidans, andererseits aktiviert es das zentrale Molekül Nrf2. Dieses Molekül steuert mehr als 1000 Gene (30). Die Zellen produzieren durch diese Aktivierung mehr körpereigene antioxidative Proteine (31). Oxidativer Stress im Zusammenspiel mit Entzündungen wird nicht nur mit Alzheimer, sondern auch Parkinson oder der Huntington-Krankheit in Verbindung gebracht (32). So werden beispielsweise die Lipide der Zellmembranen unter oxidativem Stress verändert (33). Fehlfunktionen der Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen, stehen ebenfalls im Zusammenhang mit oxidativem Stress und der Entstehung von Alzheimer (34).
Kurkuma bindet schädliche Metalle
Viele Metalle können schädlich für den Körper sein. Einige Schwermetalle wie Blei, Quecksilber, Arsen und Cadmium bleiben lange im Körper. Im Alter können diese schwerer ausgeschieden werden und sich anreichern (35-37). Diese Metalle gelten als stark neurotoxisch. Sie fördern nicht nur oxidativen Stress, sondern auch die Bildung der Plaques (35,36). Curcumin kann die erwähnten Metalle binden und die Nervenzellen somit schützen (23).
Weitere Schutzmechanismen von Kurkuma auf Nervenzellen
Curcumin beeinflusst die Funktion und Aktivität von Gliazellen (22). Gliazellen bilden mit den Nervenzellen zusammen das zentrale Nervensystem bestehend aus Gehirn und Rückenmark (38). Die Gliazellen schützen und versorgen die Nervenzellen. Auch die Isolationsschicht der Nervenzellen, die Myelinscheiden, bestehen aus Gliazellen. Werden die Gliazellen geschädigt, können in der Folge die Nervenzellen absterben (39).
Die Gliazellen dienen als Stammzellen und reparieren und ersetzen geschädigte Zellen, um die Neuronen zu schützen (40,41). Curcumin fördert die Aktivität und die Bildung von Gliazellen (42,43). Zusätzlich unterstützt Curcumin die Reparatur der Myelinscheiden (40,43,44). Durch Schäden an den Nervenzellen kann es zu einer Überaktivität von Mikrogliazellen kommen, wodurch entzündungsfördernde Botenstoffe ausgeschüttet werden. In der Folge wird der Aufbau von schützendem Myelin verlangsamt (45). Auch diesen Vorgang kann Curcumin durch seine entzündungshemmende Wirkung unterdrücken (27,46).
Fazit
Curcumin zeigt einige vielversprechende Wirkungsweisen auf die Entstehung von Alzheimer. Auch wenn die entsprechenden Effekte bislang nicht am Menschen gezeigt werden konnten, spricht doch einiges für eine protektive Wirkung von Kurkuma und Curcumin. Es ist jedoch bei aller Begeisterung auch wichtig, realistische Erwartungen zu haben: Das Vollbild der Alzheimer-Erkrankung zeigt sich, nachdem die Erkrankung bereits jahrzehntelang vorangeschritten ist. Eine “Heilung” im eigentlichen Sinne ist zu diesem Zeitpunkt unwahrscheinlich. Ein gesunder Lebenswandel mit Bewegung und gesunder Ernährung hilft jedoch, das Erkrankungsrisiko zu senken. Dabei kann auch Kurkuma einen sinnvollen Beitrag leisten.
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